Kreislaufstillstand! Was tun, wenn neben mir jemand umkippt?

Plötzlicher Kreislaufstillstand ist eine der Haupttodesursachen in Europa. Jede/r von uns kann unvorbereitet in die Situation kommen und miterleben, wie ein anderer Mensch vor unseren Augen zusammenbricht. Doch was tut man in einem solchen Fall?

Alfons G. aus Schwaz hat eine solche Situation überlebt. Obwohl er nicht raucht, keinen Alkohol trinkt und regelmäßig Sport treibt, hatte er – auf Grund einer Gefäßverengung – einen Herzinfarkt. Er war damals gerade mit einem Freund unterwegs, um an einem schönen Tag mit dem Rennrad eine ausgedehnte Runde zu drehen. In Münster mussten sie eine Pause machen. Alfons wurde plötzlich schwindelig und übel. Als sie die Tour fortsetzten, kippte er plötzlich von seinem Rad.

„Es war als würde jemand das Licht ausschalten“, beschreibt er die Situation. Auch wenn einige Menschen an die Unfallstelle kamen, so wusste nur einer der Zeugen, was zu tun war und traute sich auch zu handeln. Das war Alfons‘ Glück in dieser lebensbedrohlichen Situation.

Schritt für Schritt Leben retten!

Worauf kann man achten? Wie hilft man richtig? Hier einige Informationen und Tipps:

Ist die Person ansprechbar, bringen Sie ihn in die richtige Position. Bei Herzbeschwerden, Atemnot und Übelkeit geschieht das immer mit erhöhtem Oberkörper. Sorgen Sie für ausreichend frische Luft und lösen Sie engansitzende Kleidung.

Um einen Kreislaufstillstand zu erkennen, sind zwei Schlüsselsymptome wichtig: fehlende Reaktion und nicht normale Atmung. In bis zu 40 Prozent der Fälle setzt bei einem Kreislaufstillstand zunächst eine Schnappatmung mit sehr niederer Frequenz und röchelnden Atemgeräuschen ein. Schnappatmung ist keine normale Atmung – zu wenig oder keine Luft gelangt in die Lunge!


Die kollabierte Person ist bewusstlos, was jetzt?

  1. Kontrollieren Sie die Atmung. Bei normaler Atmung bringen Sie die Person in die stabile Seitenlage und überwachen ihn/sie regelmäßig.
  2. Wenn keine normale Atmung feststellbar ist, verständigen Sie unverzüglich die Rettung (Notruf-Leitstelle mit 144) und beginnen Sie mit den Wiederbelebungsmaßnahmen.
  3. Legen Sie den reaktionslosen Menschen auf eine feste Unterlage auf den Rücken , am besten auf den Boden.
  4. Knien Sie seitlich neben der Person, beugen Sie sich vor und legen Sie den Handballen einer Hand auf die Mitte des Brustkorbs, die zweite Hand darüber. Strecken Sie die Arme durch und beginnen Sie mit der Herzdruckmassage, indem Sie senkrecht nach unten drücken: Drücken Sie 30x schnell und kräftig auf den Brustkorb (mit einer geschätzten Frequenz von 100/Minute). Keine Angst, eine gebrochene Rippe ist weit weniger schlimm, als die möglichen Folgen einer zu schwachen Reanimation.
  5. Wenn Sie darin ausgebildet und geübt sind dann bereiten Sie die Mund-zu-Mund Beatmung vor. Um sich selbst vor Krankheiten zu schützen, sollten Sie ein Beatmungstuch verwenden. Legen Sie eine Hand auf die Stirn des Betroffenen, ziehen Sie den Kiefer hoch, verschließen Sie mit den Fingern oder der eigenen Wange die Nasenflügel. Blasen Sie Luft in den Mund des Betroffenen. Achten Sie darauf, dass sich der Brustkorb und der Bauch des Betroffenen synchron mit Ihrer Beatmung heben, so als ob eine normale Atmung stattfinden würde. Wiederholen Sie die Beatmung 2 Mal.
    Eine erfolgreiche Reanimation kann auch durch eine reine Herzdruckmassage erfolgen.
  6. Führen Sie die Herzdruckmassage (mit oder ohne Beatmung) so lange durch, bis er/sie wieder atmet oder die Rettungskräfte eingetroffen sind. Wenn mehrere Notfallhelfer vor Ort sind, sollte die Herzdruckmassage alle zwei Minuten abgewechselt werden, da nach kurzer Zeit die nötige Qualität nicht mehr erreicht werden kann. Bei dem Wechsel sollte die Herzdruckmassage nicht unterbrochen werden.

Eine unverzüglich eingeleitete Reanimation kann die Überlebensrate verdoppeln bis vervierfachen und auch die Überlebensqualität steigern. Keine Angst vor dem Helfen!

Unterstützung durch die Landesleitstelle

In Tirol gibt es eine Landesleitstelle. Beim Absetzen eines Notrufes (Notrufnummer 144) kommt man zu geschultem Personal der Leitstelle Tirol, welches die Reanimation auch telefonisch anleiten kann. Der Leitstellenmitarbeiter wird fragen, ob ein Defibrillator in der Nähe ist. Durch den Einsatz eines Defibrillators 3-5 Minuten nach dem Kollaps kann eine Überlebensrate von 50-70 Prozent erreicht werden. Ist also eine Defibrillation möglich, sollte nicht davor gescheut werden, diese auch durchzuführen.

Mut zu Erster Hilfe: Anpacken und Leben retten

Der größte Fehler bei Wiederbelebungsmaßnahmen ist, sie NICHT durchzuführen. Viele Notfallzeugen fürchten, bei einer Fehleinschätzung der Situation, dem kollabierten Menschen Schaden zuzuführen. Dem ist nicht so: Studien haben ergeben, dass bei einer falsch durchgeführten Herzdruckmassage, lediglich 1,7 Prozent der Personen  Knochenbrüche aufwiesen, 8,7 Prozent Schmerzen im Brustbereich hatten und niemand relevante Verletzungen der inneren Organe aufwies. Verschiedene Kampagnen wie „Drück mich“ versuchen, dafür Bewusstsein zu schaffen.

Um sich in einer Notfall-Situation selbstbewusst genug zu fühlen, ist es ratsam immer wieder seine Kenntnisse aufzufrischen und sich regelmäßig über Neuigkeiten zu informieren. Der österreichische Rat für Wiederbelebung ist hier eine kompetente Anlaufstelle. Verschiedene Einrichtungen wie z. B. das Rote Kreuz bieten Erste-Hilfe-Auffrischungskurse an.

Alfons G. hat überlebt, weil Ersthelfer den Mut hatten zu helfen und die Rettungskette sowie die weitere Versorgung optimal verliefen. Heute ist Alfons G. einer der engagiertesten Botschafter für Erste-Hilfe-Maßnahmen und ermutigt Menschen dazu, aktiv einzugreifen und zu helfen. Er selbst hatte wirklich großes Glück, dass der Chef einer Schlosserei aus Münster vor Ort war. Dieser hatte zudem kurz vor dem Unfall einen Reanimationskurs gemacht. Die beiden sind immer noch in Kontakt. Nach einer REHA und drei Stents kann Alfons G. inzwischen sogar schon wieder Rennradfahren, aber „halt ein bisschen piano“ wie er meint.

Die Zusammenstellung der Erste Hilfe Maßnahmen erfolgte in Zusammenarbeit mit Univ.-Prof. Dr. Michael Baubin, Notfallmediziner und leitender Notarzt beim Rettungsdienst.

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Von in tirol kliniken